Archive for the ‘kritik’ Category

p34

22. August 2021

menzengrüt und

19. April 2021

ein paar bauernhäuser
wohnhäuser
ein ehemaliges restaurant
eine keramikwerkstatt
ein gnadenhof und ein weiher

hunde und katzen und kühe und schafe

landleben

keine kirche
keine polizei

die post per auto

keine velos

kein richtigeres leben

landleben

und natürlich
fast vergessen

keine stasi

Literatur-Guillotine: Video

7. September 2020

Und wer es nicht geschafft hat zur Veranstaltung findet hier das Video zu der Veranstaltung. Das Format hat Spass gemacht und wir brauchen Tipps, was als nächstes der Guillotine zum Opfer fallen soll.

Video hier klicken für wünderbar knackig Lüteratür für mehr Blasiertheit auch in deinem Leben.

James Joyces Ulysses, Max Frischs Impotenz-Klagen oder doch lieber die Einkaufsliste von unserer Nachbarin, Dolly Partons Texte? Was soll der Guillotine und der Kritik zum Opfer fallen: Das Kapital, Corona oder die unerträgliche Leichtigkeit des Seins? Hm….

Über die Unmittelbarkeit hinaus und zurück. Skizzen zur Kritik der virtualisierten Realität.

24. Februar 2020

 

neuewelt

Jegliche technologische Errungenschaft sollte nicht einzeln und fragmentiert, sondern als Ensemble eines gesamtgesellschaftlichen Verhältnisses verstanden werden

Es gibt heutzutage eine äußerst starre Gegenüberstellung zwischen Virtualität und Realität, die allzu oft verschiedenen Auseinandersetzungen mit dem Internet und moderner Technologie im Allgemeinen begleitet. Die kurzen Texte Revolutionäre Repräsentation und digitale Solidarität“ (2017) und „Digitales, Reales und Repräsentation“ (2019) sind beide Ausdruck davon. Insbesondere letzterem Text gilt diese Replik, zumal ich zum ersten Text bereits eine Kritik geschrieben habe: „Einige Gedanken zur repräsentierten Wirklichkeit“ (2017). (more…)

Cinzia Arruzza: Verkümmerte Reflexionen. Patriarchat und Kapitalismus.

7. Januar 2020

Patriarchat und Kapitalismus werden oft als zwei Unterdrückungsformen betrachtet, die zwar autonom, aber dennoch miteinander verwoben sind. Die reduktionistische aber richtige Feststellung, dass patriarchale Verhältnisse vor dem Kapitalismus existierten, soll diese schematische Betrachtung des Verhältnisses zwischen Patriarchat und Kapitalismus untermauern. Letztere sollen, so hört man oft in anarchistisch/autonomen Kreisen, mitsamt dem Rassismus, der ebenfalls als autonomer und unabhängiger Unterdrückungsmechanismus verstanden wird, die Grundpfeiler der bestehenden Gesellschaft bilden. Wie diese drei – angeblich autonome Systeme – miteinander verwoben sind, wird meist außer Acht gelassen, obwohl richtigerweise festgestellt wird, dass keiner dieser Grundpfeiler über die anderen gestellt werden sollte. Der Weigerung die verschiedenen Unterdrückungsformen zu Hierarchisieren, ist nichts auszusetzen, doch geht sie oft mit einer mangelnden Auseinandersetzung mit der strukturellen Grundlage des Kapitalismus einher. So wird beispielsweise der Begriff „Klasse“ auf eine bloße Identität reduziert, „Ausbeutung“ überall, nur nicht in der strukturellen Aneignung der Mehrarbeit gesehen, und eine Analyse des Kapitalismus auf rein ökonomische Aspekte reduziert. Generell gibt es heute, vor allem in anarchistischen Kreisen, die Tendenz, in jeglicher Auseinandersetzung mit den Klassenverhältnissen einen Autoritarismus oder eine Rückkehr zum starren und vereinfachenden Schema vom Haupt- und Nebenwiderspruch zu wittern. Der vorliegende Text von Cinzia Arruzza kann dazu beitragen, ein wenig Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen: Arruzza bespricht und kritisiert die populärsten theoretischen Interpretationen über das Verhältnis zwischen Patriarchat und Kapitalismus. Zusätzlich legt sie ihre eigene These über ebenjenes Verhältnis dar. Aufmerksame Zuhörer*innen und debattierfreudige Menschen werden im Verlauf des Textes bemerken, dass viele Argumente kritisiert werden, die oft von Linksreformist*innen über Linksextreme bis zu Anarchist*innen gleichermaßen reproduziert werden. Cinzia Arruzza ist Teil des Redaktionskollektivs des marxistischen „Viewpoint Magazine“, Professorin für Philosophie an der New School for Social Research in New York sowie feministische und sozialistische Aktivistin. Sie ist Autorin des Buches »Dangerous Liaisons: The Marriages and Divorces of Marxism and Feminism.« Der Originaltext erschien im Jahr 2014 auf Italienisch auf: http://www.communianet.org.

Übersetzung: Mariana Lautréamont.

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Eine grosse Abrechnung

25. Dezember 2018

Mit Philippe Kellermanns Buch Marxistische Geschichtslosigkeit liegt ein wichtiger Beitrag zur Gespaltenheit von Anarchismus und Marxismus, genauer zur „Nicht-Rezeption des Anarchismus im zeitgenössischen Marxismus“, wie es im Untertitel heisst, vor.
Das Buch besteht aus vier Studien. In der ersten untersucht Kellermann Georg Fülberths Basiswissen Band Sozialismus (Köln 32018) und zeigt die Problematik vieler darin enthaltener Aussagen auf und weist immer wieder darauf hin, dass die anarchistischen Bewegungen und deren Theoriebildungen gänzlich ignoriert werden. So suggeriert Fülberth durch seine Darstellung, dass Sozialismus immer schon marxistischer, kommunistischer, jedenfalls nicht-anarchistischer Sozialismus sei. Abgesehen vom anarchistisch-marxistischen Konflikt geht dies auch schlicht an der Wortbedeutung vorbei.*
*„Vor der Errichtung der Sowjet-Herrschaft diente der Ausdruck sozialistisch dazu, Modelle der ökonomischen Organisation zu benennen, in denen Gemeineigentum an Produktionsmitteln mit der Erhaltung einer vage definierten Freiheit im Konsumbereich verbunden ist.“ Karl Pribram: Geschichte des ökonomischen Denkens. Erster Band. Übersetzt von Horst Brühmann. Frankfurt am Main 1998. S. 378.
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Das Gebell eines verletzten Hundes

22. November 2018

Jochen Knoblauchs Marx vs. Stirner ist der Versuch, für Max Stirner und dessen Buch Der Einzige und sein Eigentum Partei zu ergreifen, Stirner zu rehabilitieren und Marx für seine Polemik gegen Stirner zu kritisieren. Anfangs hält Knoblauch fest, dass sein Text für das Projekt Begegnungen feindlicher Brüder Philippe Kellermanns abgelehnt worden ist, das sich mit dem Verhältnis von Marxismus und Anarchismus beschäftigt. Er zitiert aus der Projektbeschreibung, dass es darauf ankäme, nicht in billige und grundlose Polemik zu verfallen. «Aber wie soll das eigentlich funktionieren, wenn, wie im Fall Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) gegen Max Stirner (1806-1856) die Polemik überhaupt als einzige Grundlage der Kritik abfällt? Aber was soll’s? Ich werde mich bemühen.» Doch der Klappentext des Buches kündigt eine Polemik an; „Marx und Engels haben ja auch gegen Stirner u.a. polemisiert.“ Damit wird nur der Beleidungswettkampf fortgesetzt, wie er innerhalb der Linken nur allzu oft üblich war (und ist); die Begründung erinnert an die Rechtfertigung eines trotzigen Kindes: „Ich schlag Dich, weil Du mich geschlagen hast.“

Eigentlich wäre eine äusserst interessante Ausgangslage gegeben. Die Konstellation «Marx & Engels – Stirner» hätte neu aufgerollt und sachlich geklärt werden können. Es bedarf nicht immer grosser Wälzer, auch ein 90-seitiges Büchlein kann manches auf den Punkt bringen. Doch wer solche Erwartungen hegt, wird von Knoblauch masslos enttäuscht: Das Buch mäandert durch verschiedene Themen ohne etwas recht auf den Punkt zu bringen, es beginnt mit drei Einleitungen und einer Abschweifung zum «Ende der Musik», die mit Stirner gar nichts zu tun hat. Die dritte Einleitung bejammert den Umstand, dass die Karl-Marx-Strasse in Berlin viel länger ist, als die abseits gelegene Max-Stirner-Strasse. (S. 23)

Dann schliesslich ergötzt sich Knoblauch am Bashing der Stirner-Basher. Von der sachlichen Auseinandersetzung, auf welche die ersten Seiten hoffen liessen, ist nichts auszumachen. Grundsätzlich sind alle Männer – in diesem Konflikt sind es nur Männer, die über einen anderen Mann schreiben –, böse, die sich negativ über Stirner äussern. Durchtränkt sind Knoblauchs Sätze von einer Mündlichkeit, die mehr ein Symptom der unbeholfenen Polemik ist, als dass sie etwas zur Sache beitrüge: «O.k., ob nun Engels, Marx und die anderen «beunruhigt» waren, ob des Stirner-Textes, weiss ich persönlich natürlich nicht, aber ich selbst war es.» (S. 30) Marx und Engels seien böse, weil sie das Dogma des «wissenschaftlichen» Sozialismus etablierten und das Kommunistische Manifest sei ausserdem ein Plagiat. (Kapitel «Kleiner Exkurs: Wissenschaft») Der Grund, warum Knoblauchs Buch zum Konflikt «Marx & Engels vs. Stirner» überhaupt nichts beiträgt, liegt nicht darin, dass er sich für die Polemik entschieden hat. Doch diese hat die Debatte, wie er ja selbst erwähnt, bis anhin geprägt, mensch mag sich deshalb fragen, ob in dieser Situation eine weitere Polemik wirklich fruchtbar ist. Das Problem liegt darin, dass Knoblauchs Polemik schlecht gemacht ist: statt sich in Ruhe zu sammeln und gezielt zuzuschlagen, schlägt er wild um sich und operiert mit Halbwissen – wie er selbst zugibt, wisse er auch nichts Genaueres über das Pamphlet, das Marx und Engels für ihr Manifest abgekupfert hätten. (S. 37-38) In solchen Fällen verschenkt Knoblauch ein gigantisches Potential. Denn die Punkte, für die er Marx und Engels kritisiert (autoritäres Gehabe, Dogmatik unter dem Mantel eines «wissenschaftlichen» Sozialismus, Festhalten am Staat während der «Übergangsphase» der «Diktatur des Proletariats») liessen sich eine ganze Reihe triftiger Argumente vorbringen. Auf Argumentation verzichtet er jedoch und keift und bellt stattdessen ohne Unterlass. Es scheint, als würde er von seinem Hassobjekt nicht loskommen, denn auch wenn er gelegentlich Stirner zitiert, erfährt man praktisch nichts darüber, was nun in dessen «Der Einzige und sein Eigentum» steht, stattdessen gibt es viele Anklagen gegen die Hegelianer Karl Marx und Friedrich Engels. Knoblauch bemüht sich jedoch kaum, zu argumentieren, weshalb das Gebell äusserst hilflos wirkt. Im Kapitel «(Vorläufige) Schlussbetrachtung» führt Knoblauch aus: «Wie im Konflikt mit Bakunin geht es Marx nicht um eine emanzipatorische Weiterentwicklung, sondern um das „Rechtbehalten» bei den eigenen Vorstellungen. Der Dogmatismus zwingt geradezu zu einer Rechthaberei, die der Staatsraison gleicht und bis aufs Blut verteidigt werden muss. Es kann eben nur Einen geben (frei nach dem Highlander). […] Der Marx’sche Anspruch, «wissenschaftlich» zu sein, verlangt unter den Autoritätsgläubigen eine Weihe, die zwangsläufig in eine Katastrophe führen musste. Denn Sozialwissenschaften, Philosophie oder auch Ökonomiew bestehen in erster Linie aus Spekulationen: lauter Wenn und Aber. (S. 59-60) Unabhängig vom Wahrheitsgehalt: Der Abschnitt besteht aus aneinander gereihter Behauptungen, die nicht durch Argumente gestützt werden.

Der Nachtrag, in dem Knoblauch sein anarchistisches Freiheitsverständnis erläutert, ist zwar erhellender, hat jedoch mit der vorangehenden Verteidigung Stirners nicht zu tun und setzt deren ungehemmt polemischen Stil fort.

Mit dieser Streitschrift hat Jochen Knoblauch Max Stirner leider keinen Gefallen getan.

Eine letzte Anmerkung zu diesem Buch in formaler Hinsicht: Der ansprechenden graphischen Gestaltung zum Trotz, ist es mangelhaft. Unter Lektor_innen erzählt mensch sich zwar, dass mensch bloss ein frisch gedrucktes Buch aufschlagen müsse, um auf einen Fehler zu stossen. Nobody’s perfect. Es gibt jedoch Abstufungen. Es geht auch nicht um bildungsbürgerliche Pedanterie, sondern um Sorgfalt. Und dass/das-Fehler wie sie in Knoblauchs Buch vorkommen, sind ein Skandal, in dem die inhaltliche ziellose unsachliche Berserkerwut auch in formaler Unsorgfältigkeit nochmals zum Ausdruck kommt.

 

Jochen Knoblauch: Marx vs. Stirner. Ein Versuch über Dieses & Jenes. Lich/Hessen 2014 (Verlag Edition AV).

Die neue Frau und die Arbeiterklasse

17. September 2018

(Da mir im Augenblick nur die französische Übersetzung aus dem Jahr 1932 von Marie Bor zugänglich ist, werde ich aus dieser zitieren und ins Deutsche übersetzen.)

In ihrem Buch Die neue Frau und die Arbeiterklasse aus dem Jahr 1918 untersucht die bolschewistische Feministin Alexandra Kollontai die damals jüngste Literatur von und über Frauen.*

* In einer Fussnote (S. 35, 7) bemerkt sie, die Bücher hätten keinen grossen künstlerischen Wert. Für die literatursoziologische Untersuchung seien sie jedoch ungemein relevanter als die „künstlerischen“ Werke der Männer. Gerade den letzten Punkt gilt es festzuhalten. Doch die normative Bemerkung Kollontais ist im Grunde überflüssig oder wäre breiter zu diskutieren beziehungsweise zu problematisieren. Denn was letzten Endes nun Kunst sei oder eben nicht, war schon immer umstritten, auch in der Sowjetunion und solche Diskussionen oder Kämpfe sind immer ideologisch bestimmt, auch wenn es um die (scheinbar) gerechte Sache geht oder wenn die Ideologie kaschiert wird und nicht offen zu Tage tritt.

Anhand dieser Literatur arbeitet sie im ersten Teil den Typus der „neuen“ beziehungsweise „alleinstehenden“ Frau heraus. Diese Frau sehe nicht mehr Liebe und Mutterschaft als Mittelpunkt ihres Lebens an. Unabhängigkeit und die eigene (berufliche) Tätigkeit seien ihm wichtiger als sich an einen Mann zu binden. (more…)

Der Kunstkenner: Tempo-Spatiale Intervention

27. Mai 2018

Urbanismus von Zeit und Raum, finde den Fehler

„Die Libyer!“ schreit Doc MacBrown, kurz bevor es im gleichnamigen Film „Zurück in die Zukunft“ geht.
In dem aufgehängten Slogan parallelisiert sich realiter jener Bruch mit dem Raum-Zeit-Kontinuum, den Filme wie der erwähnte fiktionalisieren. Der Rückgriff in die Zeit wird hier zum Runterhängen – und die Parole, die durch ihre Zeit der 68er definiert ist, erfährt ihre Neudefinition als Hülse, als Plakat, das mit dem Wind flattert. Ähnlich dem Landart findet hier ein Eingreifen in die Umwelt statt, gleichzeitig als Verweis auf einen urbanen Aktionismus, der sich an unzähligen Demonstrationen totgelaufen hat. So verkehrt sich der „Aufstand“ ins „Abhängen“, physisch manifestiert – sans manifestation – in der stofflichen Haptik. Es flattert eben nicht nur der Stoff, sondern auch die Ideen sind flatterhaft. Der radikale Entscheid, das oberste Stockwerk als Ort des Raumeingriffes zu nehmen, führt die Hierarchie ad absurdum: Was von unten kommen sollte, kommt hier von oben. Ähnlich dem historischen Balkon (sic!), von welchem sowohl die Revolution ausgerufen werden kann, als auch autokratische Herrschaft sich zelebrieren lässt, ist der Ort für das Spruchbanner ambivalent. Die äussere Erbärmlichkeit solcher Hochbauten fügt sich in die fragmentierte Pseudo-Metropolität der vielen Botschaften, die französischsprachig sind. Bern als Stadt der Botschaft wird hier zum Kondensat in einer einzelnen mondänen Botschaft.

Nach Benjamin: das Transparent ist Erscheinung einer Nähe, so fern das sein mag, was sie hinterließ.

Das Faktische der Aussage verkehrt sich in die Faktizität der Inklusion, oder wie es Beaudrillard eben nicht gesagt hatte (um Zizek zu paraphrasieren): Ich bin hier alleine ohne dich. Dies seine berüchtigten Worte, als er in der Usine von Renault einmal auf dem Scheisshaus sass und dort sein Opus Magnum in die Toilettenwand kritzte, weil aller Literatur a.) der Geruch der Bourgeoisie anhaftet und b.) nach Kerouac sowieso alles für den Abfall geschrieben ist. Das ist das postmoderne Bekenntnis des Gerouacs (des amerikanischen Toilettendünkels), welcher zwischen Pro Letteris, Pro Latrinis und Pro Letariat pendelt. Nichts anderes als das Rollenspiel McFlys, wenn er in pinken Stiefeln sich das Insignum des Namenlosen gibt, auf die Frage, wie er heisse, und sich den Namen Clint Eastwoods aneignet (und zugleich seinem Gegenüber anbietet).
DAS ist eben das MUTIGE solcher Aktion, die vor Kunst nicht zurück schreckt. Das Öffentliche kann nunmehr nur noch aus dem Privaten geboren werden. Dies die sowohl ohnmächtig machende wie auch Hoffnung befeuernde Kernaussage des Gesamtwerks Hegels, auf den hier mittels des leichten (und eigentlich nicht mehr erkennbaren) Glitzers neben der Fabrik verwiesen wird. Wir sind nicht alle, es fehlen die Transvestiten. An diesem Punkt wird es freilich düster (man denke an Gary Glitter, dessen Name schon immer eine Travestie war, als seine öffentliche Person mit seiner privaten Sexualität verschmolz).
Wahrlich: Kunst ist noch von Bedeutung. Es reicht ein einfacher Blick, in diesem Fall nach Bern! (in der Nachbarschaft der libyschen Botschaft)

Vollgeld? Schmommgeld! – Wenn nicht das Kapital, sondern das Sparschwein des Kleinbürgers vor Angst zittert…

23. Mai 2018

Vorweg: Die Vollgeld-Initiative geht sowieso verloren und nichts liegt hier ferner, als in das spektakuläre Abstimmungs-Tatütata einzustimmen. So verwirrend, wie die Initiative daher kommt, mit ihrem Ansinnen, eine finanzpolitische Reform durchzusetzen, die sie selber wechselhaft mal als revolutionär bewirbt, dann wieder als liberal und den Wettbewerb förderlich, zuletzt als systemstabilisierend – diese Verwirrung bereitet ihr Scheitern vor. Mit diesen verwirrenden Ansagen ködert sie aber auch einige, die meinen, hier würde es um Antikapitalismus gehen. Schliesslich handle die Initiative vom Geld und möchte die Macht der Banken einschränken, heisst es verkürzt.

Nun lag der WoZ vor fast zwei Wochen wieder einmal die antidot-inclu-Beilage bei, die sich selbst als „Format für die widerständige Linke“ bezeichnet. Diese Ausgabe wurde einzig und allein durch die „Allianz für Vollgeld und Gerechtigkeit“ bestritten und kann ohne Scham als plumpe Abstimmungspropaganda bezeichnet werden. Es ist doch relativ haarsträubend und zum Haareausraufen, wie an dieser Schnittstelle von kritischem Journalismus im Stile einer WoZ, einer Ergänzung um politische Kampagnen und aktivistischen Inhalten wie sie sich antidot einst auf die Fahne geschrieben hatte, so ein inhaltlicher Müll eine Leserschaft von mehreren zehntausend erreichen durfte.

Irgendjemand hat es hier versäumt, drauf zu schauen – und man spürt die Verlegenheit der WoZ in der letztwöchigen Ausgabe, in welcher sie sich des Themas der Initiative annimmt, sowie einen langen Artikel von Stefan Howald abdruckte, in welcher er genau jenen Standpunkt vertritt, dass es keine Kapitalismuskritik geben kann ohne Kritik der Profitrate und damit der Arbeit.

Das ajour-Magazin hat sich dem Ganzen vor wenigen Tagen gewidmet und auf viele Sachen hingewiesen, die uns auch aufgefallen sind. Einige Punkte wiederholen sich, andere ergänzen und schweifen da noch ein bisschen weiter ab. Wir sind da offenbar parallel darüber gestolpert und sie waren schneller. Lest ihren Text, er ist besser als unserer, hehe…

Mehrere Punkte sind in dieser Angelegenheit peinlich:

1. Dass jede Organisation, die sich irgendwas mit „Gerechtigkeit“ im Namen nennt, offenbar eine antidot-inclu-Ausgabe kaufen und dort ihren Müll ausbreiten darf. Die Messlatte dafür, was „widerständige Linke“ sein soll, ist tief gesunken…

2. Dass die WoZ solchen Ausgaben eine Plattform anbietet. Auch wenn sie inhaltlich nicht dafür verantwortlich ist, wird sie kaum blind sein, was in ihre eigene Zeitung als Beilage reingesteckt wird. Dies ist umso peinlicher, als die WoZ selber bei diesem Thema sich schon häufig mit kritischeren und detaillierteren Analysen hervor getan hat. Wir erinnern nur an diesen Text des kürzlich verstorbenen Elmar Altvaters, in welchem er das ideologisch verquere der Kapitalismuskritik bei den Vollgeld-Apologeten heraus streicht. Immerhin hat sich die WoZ bereits distanziert.

3. Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll über das Finanzsystem die Klappe halten. Und umgekehrt: Wenn esoterische Querfront-Grüppchen, die AfD-Sympis und Antisemiten in ihren Reihen haben oder zu ihren Unterstützern zählen, mit solchen nationalistischen Fronten gegen internationales Kapital Stimmung machen und hierzu als Wolf im Schafspelz bei linken Strukturen antanzen, dann widerspricht man ihnen in den Punkten, in denen sie falsch liegen. Oder wie es das ajour schreibt: „[…] weil aus diesem Sumpf eine Menge reaktionäre Ideologien ihren Weg in die Linke suchen und finden. Eine klare Abgrenzung wäre also dringend angezeigt.“

Dem möchten wir hier ein bisschen was zu geben…

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