Über die Unmittelbarkeit hinaus und zurück. Skizzen zur Kritik der virtualisierten Realität.

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neuewelt

Jegliche technologische Errungenschaft sollte nicht einzeln und fragmentiert, sondern als Ensemble eines gesamtgesellschaftlichen Verhältnisses verstanden werden

Es gibt heutzutage eine äußerst starre Gegenüberstellung zwischen Virtualität und Realität, die allzu oft verschiedenen Auseinandersetzungen mit dem Internet und moderner Technologie im Allgemeinen begleitet. Die kurzen Texte Revolutionäre Repräsentation und digitale Solidarität“ (2017) und „Digitales, Reales und Repräsentation“ (2019) sind beide Ausdruck davon. Insbesondere letzterem Text gilt diese Replik, zumal ich zum ersten Text bereits eine Kritik geschrieben habe: „Einige Gedanken zur repräsentierten Wirklichkeit“ (2017).

Oft liegt der starren Gegenüberstellung zwischen Virtualität und Realität implizit ein normativer Gehalt zugrunde: Die Technologie und insbesondere das globale virtuelle Netzwerk, also das Internet, wird als das schlechthin entfremdete betrachtet, ohne jeglichen Nutzen für einen Emanzipationsprozess – teilweise wird sogar das Virtuelle selbst als unmittelbarer Ausdruck des Spektakels begriffen, obwohl die Massenkommunikationsmittel bloß eine Oberflächenerscheinung desselben sind – während das „Reale“, teils mit dürftiger Melancholie, teils mit entschlossener Naivität, hochgelobt wird. Die Oberflächlichkeit mit dem der Technologie begegnet wird, zeigt sich auch in entgegengesetzter Richtung, wenn ebenjene als Heilbringerin für alle sozialen Problemen zelebriert wird. Geoingeneering soll die Auswirkungen des globalen Klimawandels rückgängig machen und der „fully automated luxury communism“ die Produktion effektiver gestalten ein gutes Leben für alle garantieren. Im schlimmsten Falle gibt es sogar Stimmen, die die Emanzipation komplett den Maschinen übergeben wollen und damit nicht nur die Ideologie der Neutralität der Technik ungeniert reproduzieren, sondern auch den Menschen zu einem passiven Betrachter der Geschichte degradieren. Was all diese Positionen gemeinsam haben, ist, dass sie das Phänomen des Internets und der Technologie im Allgemeinen fragmentiert betrachten. In diesem Text werde ich vor allem auf meine Diskrepanzen mit Positionen fokussieren, die beim Wort Technologie automatisch den Teufel an die Wand malen. Dafür ist es zunächst nötig folgendes festzuhalten: Die starre Unterscheidung zwischen Virtualität und Realität ist eine rein logische Unterscheidung, die letzten Endes so gut wie nichts aussagt, außer dass wir unseres physisches Erleben nicht mit der Repräsentation durch Bits und Codes auf dem Bildschirm gleichgesetzt haben wollen. Denn meist bleibt im Rahmen solch einer starren Gegenüberstellung keinen Platz für Wechselwirkungsprozesse und deren kulturellen Auswirkung auf die Subjektkonstitution der Individuen oder auf die Gesellschaft im Allgemeinen. Dabei geraten einige der interessantesten Aspekte in Bezug auf die Technologie, und insbesondere des Internets, in den Hintergrund: Die durch das virtualisierte und objektive Ganze vermittelte subjektive Wahrnehmung des Objektiven, die Herrschaft des technologischen im Rahmen der Kapitalakkumulation und des Staates und die Möglichkeiten, die die moderne Technologie für einen Emanzipationsprozess eröffnet.

Die virtualisierte Realität

Ich möchte zunächst den Begriff der „virtualisierten Realität“ einführen weil er, so scheint es mir, dem dialektischen Spannungsverhältnis innerhalb dessen sich Realität und Virtualität bewegen, viel eher gerecht wird, als eine starre Gegenüberstellung beider Begriffe. Im Gegensatz zum Begriff „virtuelle Realität“ behauptet der Begriff „virtualisierte Realität“ keine eigene, zweite Form der Realität neben der tatsächlichen materiellen Existenz und auch keine Simulation der Realität. Viel eher ist der Ausdruck „virtualisierte Realität“ phänomenologischer Natur, dem eine praktische Komponente zugrunde liegt. Er zielt nicht auf etwas statisches sondern auf eine durch reale Handlungen der Menschen sich reproduzierende Realität: „Virtualisierte Realität“ meint nicht, dass das „Reale“ zunehmend durch das „Virtuelle“ ersetzt wird, sondern, dass die Realität durch handelnde Menschen und ihrer Benutzung der Technik, immer mehr durch neue Technologien kolonisiert und durchdrungen wird. Das Virtuelle und das Reale lassen sich nicht abstrakt entgegensetzen, denn das Virtuelle, das sich auf die realen Handlungshorizonte der Individuen auswirkt, wird wirklich erzeugt. In dieser Hinsicht, tritt die Realität ins Virtuelle ein und das Virtuelle spiegelt wieder auf das Reale zurück. Heutzutage ist die virtualisierte Realität grundlegender Bestandteil moderner Gesellschaften. Das bedeutet jedoch nicht, dass es eine komplette Identität zwischen Virtualität und Realität gibt. Im selben Zug lässt sich feststellen, dass die virtualisierte Realität nicht etwas ist, das sich zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt entwickelt hat und ohne weiteres fortbesteht, sondern etwas, das sich konstant neu reproduzieren muss, um Bestand zu haben.

Der Stellenwert der virtualisierten Realität innerhalb der modernen Gesellschaft wird umso deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie sehr die seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert einhaltende Digitalisierung, die kapitalistische Organisation der Produktion, die Überwachung, die Kriegsmaschinerie des Staates, wie auch die praktischen Handlungshorizonte der Menschen beeinflusst hat. Diese Auswirkungen lassen sich natürlich nicht nur auf moderne Phänomene wie das Smartphone oder das Internet beziehen, sondern durchdringen jegliche technologischen Entwicklung.

Über die Gleichzeitigkeit

Durch das Internet, Smartphones und Laptops, erlebte der Mensch eine Aufwertung des Sehsinns, wie auch ein potenziertes Gefühl der Gleichzeitigkeit und der ständigen Erreichbarkeit, das er vorher so nicht kannte. Es ist, solange man Internet und ein adäquates Gerät hat, heutzutage möglich, zu jederzeit nicht bloß erreichbar zu sein, sondern Informationen, sei es in Form von Videos, Bildern oder Texte, mit anderen Menschen weltweit zu teilen und zu empfangen. Und dies in Echtzeit. (Es wird geschätzt, dass weltweit ca. 4,4 Milliarden Menschen, also fast 60 % der Weltbevölkerung, Internetzugang haben). Wir können von unserem Zimmer aus live auf tausend Kilometer entfernte Städte blicken, ein Ereignis in Echtzeit am anderen Ende der Welt verfolgen. Die räumliche Distanz erscheint überwunden, die Welt kommt direkt zu uns ins Zimmer und wir müssen uns kaum bewegen. All dies wirkt sich auf die Menschen und ihre Auffassung und Interpretation der Welt aus, denn unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit ist keine transhistorische Konstanten, sondern von dem jeweiligen sozialen und historischen Kontext abhängig. Doch das Phänomen der Gleichzeitigkeit trat nicht erst mit dem Phänomen des Internets auf, es wurde durch letzteres lediglich potenziert. Denn auch mit dem Auftauchen von Radio und Fernseher im Zeitalter des Massenkonsums veränderte sich nicht nur die räumliche und zeitliche Wahrnehmung des Menschen im Gegensatz zu beispielsweise vorkapitalistischen Zeiten, sondern auch die Subjektkonstitution der Individuen sah sich, durch den Einfluss der Kulturindustrie, einem Wandel ausgesetzt. Die Bombardierung mit stereotypischen Geschlechtsidealen durch Filme, Serien, oder Modezeitungen beispielsweise, verbreitete und verstärkte den Druck zur Identifizierung mit der binären Geschlechterordnung und deren Klassifizierung von Verhaltensmuster in typisch „männlich“ und typisch „weiblich“. Zugleich ermöglichten diese Technologien eine schnellere Informationsverbreitung und auch ein zuvor unbekanntes Maß an Massenmobilisierung. Das Radio als Massenmedium erlebte beispielsweise in Deutschland mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten seinen Höhepunkt. Im Auftrag von Goebbels wurde der sogenannte „Volksempfänger“ produziert, der für die Masse erschwinglich sein sollte. Zwischen 1933 und 1938 wurden pro Jahr ca. eine Million „Volksempfänger“ des Modells VE-301 verkauft. Die schnelle Verbreitung von Informationen und die damit einhergehende Möglichkeit der politischen Indoktrination ganzer Massen stand für die Nationalsozialisten im Vordergrund, wobei durch den „Volksempfänger“ Ängste geschürt wurden, die, gekoppelt an phantasievollen Bedrohungsszenarien, die Menschen auf emotionaler Ebene ansprachen. Heute erreichen die Rechtspopulisten und unzählige Verschwörungstheoretiker durch das Internet einen ähnlichen Effekt. Was die Erfahrung der Gleichzeitigkeit angeht, die ebenfalls durch das Radio erfahrbar wurde, spiegelte sie sich auch in der zeitgleichen Rolle die alle Empfänger des Radios einnahmen: Die des passiven Konsumenten der Inputs von außen erhält, aber selbst nichts zur Radiosendung beitragen kann – ein Phänomen das weit über das Radio hinaus wirkt.

Die Auswirkungen technologischer Entwicklungen auf die Wahrnehmung des Menschen, wie auch deren Verschränkung mit der Herrschaft, sei es des Kapitals oder einer politischen Bewegung, ließen sich bestimmt noch weiter ausdifferenzieren und müssten für jegliches technologisches Mittel – und in Bezug auf einen spezifischen historischen Zeitpunkt – einzeln besprochen werden. Dies würde jedoch den Rahmen dieses Textes sprengen, daher möchte ich folgendes festhalten: Erst wenn man über eine unmittelbare und fragmentarische Perspektive, also eine Perspektive der starren Gegenüberstellung zwischen „real“ und „virtuell“, hinaus denkt, wird die reale Realität des „nicht-wirklichen“ und virtuellen deutlich. Denn in der wirklich verkehrten Welt ist das Virtuelle ein Moment des Realen. Das Bedeutet noch lange nicht, dass man das Virtuelle als zweite eigenständige Realität betrachtet, das wäre absurd. Was damit gesagt wird, ist, dass im Zeitalter der virtualisierten Realität die Wahrnehmung von Zeit und Raum, die Subjektkonstitution der modernen Individuen, der Arbeitsprozess, die Bürokratie, die, Kommunikation, die Überwachung, usw., allesamt von technologischen Mitteln durchdrungen sind, die unter den gegebenen Umständen nicht der Emanzipation der Menschheit dienen, sondern, durch die strukturelle Logik innerhalb dessen sie sich bewegen, also durch das Kapital- und Herrschaftsverhältnis der modernen Gesellschaft, gebrandmarkt sind und dementsprechend ihre Heilsversprechen nicht einhalten können. Das Bedeutet, dass jegliches technologisches Mittel nicht einzeln und fragmentiert betrachtet werden kann, sondern immer als Ensemble eines gesamtgesellschaftlichen Verhältnisses verstanden werden sollte. In dieser Hinsicht spielt die logische Unterscheidung zwischen „real“ und „virtuell“ auf gesellschaftstheoretischer Ebene keine große Rolle, weil das, was im virtuellen Rahmen geschieht, immer nur Ausdruck einer realen allgemeinen gesellschaftlichen Entfremdung ist, innerhalb derer sich auch das „virtuelle“ bewegt.

Das Spektakel ist hierbei keine autarke Sphäre innerhalb dessen Bilder, die nicht der Realität entsprechen zur realen Gegebenheiten erhöht werden. Die Erhöhung des Bildes zu einer eigenen Realität ist lediglich Ausdruck der Fetischisierung der Bilderproduktion, das Spektakel hingegen ist die Totalität der entfremdeten sozialen Beziehungen im Spätkapitalismus – auf der Ebene der Produktion, der Reproduktion, wie auch auf der der Konsumption – die durch Massenkommunikationsmittel potenziert wird, aber nicht auf diese reduziert werden kann.

Es geht also um weit mehr, als eine bloße logische und empirische Unterscheidung zwischen Virtualität und Realität, oder um das Internet, es geht um eine gesellschaftstheoretische Betrachtung der Technologie, die letztere nicht atomisiert.

Macht und Internet

Das eine Revolution nicht bloß im Internet stattfinden kann, sondern die tatsächlichen materiellen Bedingungen einer Gesellschaft umwälzen müssen, kommt einer Banalität gleich. Man sollte sich jedoch m. E. davor hüten – wie bereits erwähnt – das Virtuelle vereinzelt als das Entfremdete schlechthin zu betrachten. In der indischen Region Kashmir wurde z. B. am 5. August 2019 das Internet für 4 Monate ausgeschaltet – eine Maßnahme die Regierung oft anwenden, wenn soziale Unruhen brodeln. Und was ist geschehen? Haben sich die Leute in diesen vier Monaten von der Entfremdung lösen können, haben sie erkannt, dass das „Virtuelle nur symbolisch“ ist und sich dem realen zugewendet? Auch wenn dem so wäre, zeigt sich, dass das Virtuelle nur ein Symptom einer allgemeinen Entfremdung der Warengesellschaft ist, ein Wegfallen des Virtuellen ändert in dieser Hinsicht nichts an der allgemeinen Entfremdung, weil die Herrschaftsstrukturen dadurch unangetastet bleiben. Des Weiteren, tritt vor allem während breit verbreiteten sozialen Unruhen der Klassencharakter der großen Medienunternehmen hervor. Denken wir an die in Chile anhaltende Revolte, innerhalb derer die Medien für ihre einseitige Berichterstattung kritisiert werden. Als Gegenpol dazu, haben unzählige autonome Informationsplattformen ihre Bemühungen verstärkt, um diejenigen Nachrichten durch das Internet zu verbreiten, die von den großen Medienunternehmen verschwiegen oder heruntergespielt wurden. Hier bahnt sich bereit an, dass das Internet in den gegebenen sozialen Konflikten durchaus eine wichtige Rolle spielt. Doch gehen wir einen Schritt weiter: Wie könnte eine soziale Umwälzung sonst noch von technologischen Mitteln profitieren?

Es gab im Verlaufe der Geschichte verschiedene Positionen in Bezug auf die Technologie, einige davon habe ich bereits in meinem ersten Text zu diesem Thema erläutert. Unter der Regierung Salvador Allendes in den 1970er in Chile beispielsweise, entwickelte Stafford Beer von 1971-1973 ein landesweites Computernetzwerk, das eine moderne Form der Planwirtschaft in Chile einführen sollte: Der digital kontrollierte Sozialismus. Durch das Netzwerk sollten die 400 wichtigsten Fabriken des Landes miteinander verbunden werden, was zur Effizienzsteigerung führen sollte: Das Computernetzwerk war z. B. in der Lage schnell zu überprüfen, wo welche Rohstoffe zur Verfügung standen, wo es an Ressourcen fehlte, wie viel Energie die jeweiligen Fabriken verausgabten und es konnte automatisch Nachschub bestellen, sobald es an irgendeinem Ort an Materialien mangelte. All diese Daten wurden zusammengetragen und im Kontrollraum konnte man anhand der erhaltenen Informationen Entscheidungen treffen. Wirklich durchsetzen konnte sich das Projekt Cybersin jedoch nie, dafür fehlte die Regierung die Zeit, um das Projekt flächendeckend einzusetzen, denn bereits im Jahr 1973 kam es zum Militärputsch durch Pinochet. Doch eine Bewährungsprobe bestand das kybernetische Projekt mit Bravour: Als im Oktober 1972 mehrere zehntausende Transportunternehmen streikten und die Regierung die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleisten konnte, konnte u.a. nicht zu vergessen sind die autonom organisierten Fabrik-, Verteilungs- und Koordinierungskomitees des Proletariats, um die Produktion aufrechtzuerhalten durch den Einsatz des Cybersin Computernetzwerks der Versorgungsmangel und der Schaden für die Wirtschaft in Grenzen gehalten werden: Die Koordinierung zwischen den nicht streikenden Fahrer, wie auch der Nachschub und die Verteilung von Lebensmittel konnten effizient und schnell aufeinander abgestimmt werden.

Nun gut, auch wenn Allendes antiimperialistisches und sozialdemokratisch-leninistisches Programm in Chile aus revolutionärer Perspektive keine besonders Interessante Anknüpfungspunkte bietet, weil die Warenform selbst unangetastet blieb und von der Selbstaufhebung der Klasse niemals die Rede war da hilft auch kein Cybersyn zur Koordinierung der Produktion so zeigt sich doch, dass die Möglichkeiten der Technologie nicht unterschätzt werden sollten und dass vor allem heute, da wir technologisch weitaus mehr Möglichkeiten haben als in den 1970er, die Technologie, gekoppelt an eine starke sozialrevolutionäre Bewegung, durchaus emanzipatorisches Potential haben könnte. Anstatt, wie viele Linke und Anarchist*innen, in einer Abwehrhaltung zu erstarren und die Technologie zu verteufeln, wäre es m. E. wichtig über die Potentiale bestimmter Technologien zu sprechen – ohne natürlich in die ideologische Falle einer scheinbaren Neutralität der Technologie zu fallen. Open Source Projekte sind beispielsweise sicher spannende Ansätze, um zu versuchen technologische Errungenschaften zu „demokratisieren“ und den Zwängen des Marktes zu entziehen. Natürlich ist diese Abkehr vom Markt selbst nur symbolischer Natur, bleibt doch der Markt als zentrale Vermittlungsinstanz innerhalb der gegebenen sozialen Verhältnisse vorhanden. Doch der freie Zugang zu den Quelltexten eines bestimmten Opensource Programms sind sicher einer von vielen wichtigen Schritten in Richtung eines kritischen Umgangs mit technologischen Mittel, weil dadurch die Warenform und das Patentrecht – auch wenn auf begrenzte Weise – zumindest in Frage gestellt werden. In diesem Sinne kann eine Auseinandersetzung über die Potentiale bestimmter technologischer Mittel nur dann sinnvoll geführt werde, wenn sie zugleich im Hinterkopf behält, dass ein tatsächlicher anderer Umgang mit der Technologie nur im Rahmen einer tatsächlich anderen, nicht kapitalistischen Gesellschaft geschehen kann. Denn wenn man Technologie nicht fragmentiert betrachtet werden kann, wie ich bereits erwähnte, so beinhaltet das auch, dass eine keine rein subjektive und individuelle nicht-entfremdete Form des Umgangs mit der Technologie innerhalb der bestehenden Verhältnissen gibt. Und in einer anderen Gesellschaft – sollte sie in Zukunft die Möglichkeit haben auf die Bühne der Geschichte zu treten – werden wir Milliarden Menschen haben, die ihre Grundbedürfnisse gestillt haben wollen. Es gibt durchaus technologische Errungenschaften, die, wenn die Warenform, die jegliches Herrschaftsverhältnis heutzutage durchdringt, abgeschafft wird, tatsächlich dem Menschen das Leben erleichtern könnte. Dafür dürfen wir aber nicht bloß auf die Technologie setzten, sondern auf kollektive Organisationsformen von unten, die die gesamte kapitalistisch-bürgerliche Gesellschaft in Frage stellen und umkrempeln. Anhand der Infragestellung des Privateigentums, müsste sich eine andere Form der Produktion etablieren, eine Produktion die sowohl im Einklang mit der Natur, wie auch mit den menschlichen Bedürfnissen, anstatt mit der Kapitalverwertung, im Einklang ist. Erst dann könnte die vorherrschende gesamtgesellschaftliche Unvernunft, die sich auch im Virtuellen spiegelt, aufgehoben werden und ein vernünftiger Umgang mit technologischen Errungenschaften etabliert werden. Erst dann könnte das Grundprinzip der bürgerlichen Gesellschaft: „Was wirklich ist, das wird quantifiziert, was quantifiziert wird, das ist wirklich“ – endlich begraben werden.

Lorenzo Lautréamont,

Zürich 2020

 

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